Verbundsicherheitsglas
Beim
Verbundsicherheitsglas werden zwei oder mehr übereinanderliegende Scheiben
miteinander verbunden, bzw. laminiert.
Erfindung und geschichtliche Entwicklung des VSG
Ein französischer
Chemiker (Edouard Benedictus) entdeckte im Jahr 1903 das
Verbundsicherheitsglas durch einen Zufall: in seinem Labor fiel eine Flasche
von einem hohen Regal herunter, zerbrach aber nicht. Als er kurz darauf
einen an sich harmlosen Autounfall beobachtete, bei dem einer Frau die
Halsschlagader von den Splittern der Windschutzscheibe durchgeschnitten
wurde, erinnerte er sich an diese Flasche und stellte bei einer Untersuchung
fest, daß sich Nitrocellulose darin befunden hatte. Diese Substanz hatte
nach dem Verdunsten einen an der Glaswand haftenden Film erzeugt. Dieser
Film hielt die Scherben der Flasche zusammen.
Heute besteht
Verbund-Sicherheitsglas aus mindestens zwei Glasscheiben, die eine
Kunststoffzwischenschicht zusammenklebt. Wenn solche Gläser zerbrechen,
hält die Klebeschicht die Splitter fest. Neben der Anwendung im Baubereich
verwendet man solche Gläser vor allem für die Frontscheiben von
Kraftfahrzeugen, sowie für die Scheiben von Eisenbahnwaggons.
Die klebende Zwischenschicht
verstärkt zwar die sonst geringe Zugfestigkeit des Glases erheblich, darf
aber die Durchsichtigkeit nicht beeinträchtigen. Das anfangs verwendete
Celluloid, direkt auf das Glas gegossen, vergilbte und bildetet Blasen. Mit
den nach dem zweiten Weltkrieg entwickelten Kunststoffen konnte man
Klebefolien herstellen, die elastische, splitterbindende und klare
Verbindungen ergeben.
Verbundsicherheitsgläser im Fahrzeugbau:
Für ein Auto werden
bis zu 6m2 Glas verarbeitet, 1,2m2 allein für die Frontscheibe. Die
Windschutzscheiben der Fahrzeuge bestehen heute üblicherweise aus zwei
Scheiben, die mit einer hochwärmebeständigen Kunststoffolie (PVB,
Polyvinylbutyral) verklebt sind.
Die äußere Scheibe ist dicker
(2,1-2,6mm) und grünlich, während die innere dünner (1,5-2,1mm) und blank
ist. Beide Scheiben werden miteinander vorbereitet, gemeinsam gebogen und
schließlich verklebt. Der Prozeß läuft weitgehend automatisch ab, lediglich
das Einlegen der Folie erfolgt von Hand.
Zudem werden die Glasscheiben im
Auto seit den 1970er Jahren nicht mehr mit einer Gummidichtung in die
Karosserie eingehängt, sondern eingeklebt. Hiermit können die Glasflächen,
der Windschutz - und der Heckscheibe in die Stabilitätsberechnungen der
Karosserie mit einbezogen werden: weniger Blech ist erforderlich, die
Rundumsicht wird spürbar verbessert.
Eigenschaften von Verbundsicherheitsglas
VSG Vergleich ESG -
VSGVerbundsicherheitsglas ist ein splitterbindendes Glas. Das bedeutet, beim
Bruch einer VSG- Scheibe haften die Bruchstücke an der Zwischenschicht.
Somit können sich keine scharfkantigen Glassplitter lösen. Dies stellt eine
erhebliche Minderung der Verletzungsgefahr dar.
Die zähelastische Zwischenschicht
(Folie oder Gießharz) erschwert zusätzlich das Durchdringen des
Gesamtglaselementes, so daß auch die aktive Sicherheit deutlich erhöht wird.
Je nach Aufbau kann das von einbruch- bis durchschußhemmend sein.
VSG zeichnet sich gegenüber ESG
durch einen wesentlichen Vorteil aus: Beim Glasbruch löst sich die ESG-
Scheibe in kleine Glaskrümmel auf. Im Regelfall fällt die Scheibe in sich
zusammen. In der Folge bietet ESG keinerlei Schutzwirkung mehr, weder vor
Einbruch noch für Leib und Leben.
Beim VSG bleibt dagegen beim
Glasbruch die raumabschließende Wirkung großteils erhalten. Somit ist
gewährleistet, daß VSG auch nach teilweiser Zerstörung noch ausreichend
Schutz bietet.
Kombinationen von mehreren Scheiben und
verschieden dicken PVB-Folien geben der Einheit je nach Aufbau zusätzlich,
falls erforderlich eine verbesserte Beschuß- und Einbruchhemmung.
Die eingarbeitete Folie ist in der
Regel durchsichtig, die "glasübliche" Durchsicht kann je nach Dicke und
Anzahl der Folien geringfügig beeinträchtigt werden. Besonders mit
zunehmender Glasdicke verändert sich die Eigenfarbe der VSG-Einheit,
meistens wird dann ein Grün- bzw. Gelbstich sichtbar.
Herstellung von Verbundsicherheitsglas
Bei der Herstellung
von Verbundsicherheitsglas werden zwei oder mehr übereinanderliegende
Floatscheiben durch eine oder mehrere hochelastische Folien (Polyvinylbutyral,
(PVB)) bzw. durch Gießharzschichten (wird später erläutert) verbunden.
Als kostengünstige Alternative wird
neuerdings ein neu patentiertes Verfahren mit erheblich geringerem
Energieaufwand unter Verwendung einer modifizierten PVB- Folie angeboten.
Bei diesem Verfahren sollen weder ein Autoklav, noch der Vorverbundofen mit
den Walzenstuhlungen für die Evakuierung und Verpressung notwendig sein.
Einfachverbund- und sogar
Mehrfachverbundgläser bis zu einem Format von 2,55 x 3,21m können im Takt
von 100 bis 120 Sekunden hergestellt werden. Die Temperatur, die notwendig
ist, um die Scheiben mit der PVB-Folie zu verbinden, erzeugt ein elektrisch
oder gasbeheizter druckloser Umluftofen.
Neben den VSG-Scheiben mit PVB-
Folien gibt es heute Scheiben mit Gießharzverbund.
Die
wesentliche Funktion für den Gießharzverbund liegt in der Erhöhung der
Schalldämmung. Dies ist bedingt durch die Elastizität des Scheibenverbundes.
Der Gießharzverbund wird auch für
dickere Einlagen, z.B. bei Photovoltaik-Modulen herangezogen.
Gestalterisch
bietet das Gießharz eine Vielzahl von
Möglichkeiten: Es kann vollständig oder partiell mit einer oder mehreren
Farben coloriert oder mit Folien, Japanpapier, aber auch anderen Materialien
durchzogen werden.
Bei konventionell
laminiertem Glas wird ein PVB-Film als Bindeschicht verwendet. Dieser ist
jedoch produktionstechnisch auf eine maximale Breite der Folie beschränkt.
Mit der Gießharztechnologie sind dagegen Scheibengrößen bis zu 3 x 8 m
möglich. Kaltlaminatverfahren:Das von einer britischen Firma (Unilam
Ltd.) entwickelte Kaltlaminier-Verfahren, mit dem einfaches Glas
wirtschaftlich zu Mehrscheiben-Sicherheitsglas verarbeitet werden kann, wird
mittlerweile in über 47 Ländern vertrieben. Das Verfahren erlaubt Klein-und
Großbetrieben, eine breite Palette an Sicherheits-, Schallschutz- und
Dekorgläsern in nahezu allen Größen und Farben herzustellen, einschließlich
kugelsicheren und Panzergläsern, opaken, transparenten und gemischt farbigen
Gläsern. Als Ausgangsmaterial kommen alle verfügbaren Glastypen in Frage.
Die heutigen
Herstellungstechnologien ermöglichen nicht nur den Verbund von mehreren
Floatglasscheiben, sondern auch den Verbund von gezogenem Flachglas, Gußglas
(sogar bestimmten Ornamentgläsern), ESG, sowie verschiedenen sonstigen
Flachgläsern (Drahtspiegelglas, Sonnenschutzgläsern, etc.)
Das Glas farblos oder gefärbt,
transparent, transluzent, opak,
beschichtet oder
oberflächenbehandelt.FolienzwischenschichtPVB-Ebenso
kann die Polyvinylbutyral (PVB)- Folie farblos oder gefärbt, transparent,
transluzent oder opak sein.
Gegenüber dem sehr
teuren Durchfärben von Glas bildet Laminatglas eine sehr kostengünstige
Alternative für farbiges Glas. Es werden eine oder mehrere Farbfolien aus
PVB zwischen die Glasscheiben gespannt. Gewisse Hersteller (VEGLA) bieten
über 500 Farbtöne an, durch deren Überlagerung eine fast unbegrenzte Zahl
von Farbnuancen erzielt werden kann.
Als
bedruckbare Ergänzung zur PVB-FolieWeiters
gibt es die Möglichkeit eine Polyvinylfolie (PE) zwischen zwei PVB Folien
einzuspannen. Diese bildet dann in diesem Verbund das Laminat für die
Herstellung von Verbundsicherheitsgläsern. Diese Folie hat den Vorteil, daß
sie in jeder gewünschten Weise bedruckt werden kann. Gegenüber dem direkten
Bedrucken des Glases liegt der Vorteil dieser Technik in der Bildschärfe des
Dekors.
Auf Basis dieses Verfahrens wurde eine
spezielle Verbundglasserie entwickelt . Im Standardprogramm werden acht
Druck- und vier transparente Hologrammvorlagen angeboten.
Sicherheit im Vergleich: Gießharz oder FolienzwischenschichtVSG-Scheiben
mit Gießharzverbund werden gelegentlich bei einem geforderten Nachweis der
Eigenschaften der Zwischenschichten ausgeschlossen. Auch für die
Reißfestigkeit bzw. der Bruchdehnung für Folienzwischenschichten werden
gelegentlich Nachweise verlangt.
Die Ausführung mit der
Folienzwischenschicht hat den Vorteil der besseren Prüfbarkeit. Schon die
Zwischenschicht allein kann auf ihre Reißfestigkeit, Bruchdehnung, aber auch
auf ihr Verhalten unter längerer Belastung (Resttragfähigkeit,
Langzeitverhalten) untersucht und geprüft werden, noch bevor der Verbund
hergestellt wird. Dies kann, sollten Prüfzeugnisse (z.B. beispielsweise bei
öffentl. Bauaufgaben) erforderlich sein, eine klare Entscheidung zugunsten
der Folienzwischenschicht herbeiführen.
Weiterverarbeitung von VSG-Scheiben
Selbstverständlich ist
die Weiterverarbeitung dieser VSG-Scheiben zu Isolierglas, beschichtetem
Wärmefunktionsglas, Schallschutzverglasungen, oder auch Sicherheitsgläsern
im Objekt- und Personenschutz, etc. möglich.
Soferne nicht vorgespannte Gläser in
der Verbundglaseinheit Verwendung finden, ist VSG normal bearbeitbar.
Verbundgläser mit mehr als zwei Schichten kann mit dem normalen
Glasschneider nicht mehr geschnitten werden, sondern muß gesägt werden.
Verbundsicherheitsglas im Objekt und Personenschutz
Drei Möglichkeiten
haben sich in diesem Zusammenhang bewährt:
zweischeibiges VSG in
unterschiedlichen Dicken mit verstärkter PVB-Folie
drei- oder mehrscheibiges VSG in
unterschiedlichen Dicken mit PVB-Standardfolie
drei- oder mehrscheibiges VSG in
unterschiedlichen Dicken mit verstärkter PVB-Folie
Neben angriffshemmenden
Eigenschaften der Verbundsicherheitsgläser bieten Kombinationen mit
Alarmschleife in Verbindung mit Warnsystemen zusätzliche Abschreckung und
damit mehr Sicherheit.
Funktionszwischenschichten bei Verbundgläsern
Vielversprechend ist
zur Zeit die Entwicklung von Funktionsschichten, die für den Licht- und
Wärmeschutz eingesetzt werden können: winkelabhängig-selektive oder
lichtumlenkende Schichten sowie aktiv veränderbare Schichten, die mit
thermotropen oder thermochromen Substanzen sowie mit Flüssigkristallen oder
elektrochromen Materialien funktionieren.
Winkelabhängige selektive Schichten
Winkelabhängig
selektive Schichten sind lichtdurchlässige Folien, welche die Lichtstrahlen
nur bei einem bestimmten Winkeleinfall zerstreuen und damit undurchsichtig
werden.
Im Prinzip bestehen sie aus einer
mikroskopischen Lammellenstruktur, die in einer dünnen ( 0,28mm)
Polymerfolie durch Polymerisation, meistens UV-Bestrahlung hervorgerufen
wird. Beim Belichtungsvorgang während der Herstellung können verschiedene
Winkel eingestellt oder Teilbelichtungen durchgeführt werden. Auf dem Markt
sind Produkte mit drei Winkeleinstellungen (Maximalgröße von 2,40 x 1,80m)
erhältlich die beim Sichtschutz zum Einsatz kommen .
Schichten mit holografisch-optischen Elementen (HOE)
Eine weitere
Maßnahme zur Kontrolle der einfallenden Sonnenstrahlung bieten
holographisch-optische Elemente (HOE)
Durch
den physikalischen Effekt der Beugung ermöglichen sie verschiedene Varianten
der Lichtlenkung, vergleichbar derjenigen von Spiegeln, Linsen, Prismen und
anderen optischen Elementen.
Die HOE sind Aufzeichnungen von
Interferenzmustern, die durch Laserlicht auf einem hochauflösenden
photographischen Film erzeugt werden, welcher dann in eine
Verbundglaskonstruktion eingebettet wird.
Das Beugungsgitter bewirkt die
Lichtumlenkung, welche nur für den eingestellten Einfallswinkel erfolgt, was
bedeutet, daß die Hologramme dem Lichteinfall nachgeführt werden müssen.
Aus herstellungstechnischen Gründen
werden derzeit die einzelnen kleinformatigen 8 x 8 cm großen Hologramme
zuerst im Taktverfahren auf 1 x 2 m großen Film belichtet, welcher danach
belichtet wird.
Der Einsatz von HOE in der Fassade wurde
bisher durch die unzureichende UV-Stabilität vermindert. Durch ein neues
Produktionsverfahren scheint dieses Problem nun gelöst. Hinsichtlich einer
vollautomatischen Serienproduktion sind einige Fortschritte zu verzeichnen,
insbesonders was die Herstellung von großformatigen Masterhologrammen
anbelangt.
Sofern die lichtempfindliche Schicht nicht
direkt auf Glas aufgebracht wurde, ist das Endprodukt eine Folie, die zum
Schutz vor Feuchtigkeit und Verschmutzung zwischen zwei Glasscheiben
eingebettet werden muß.
In der Architektur können
holographisch-optische Elemente für folgende Aufgaben eingesetzt werden:
Lichtumlenkung,
Verschattung
und Ausblendung Displayholografie
(s. Kreditkarten)
Temperaturabhängige Schichten/Thermotrope u. Thermochrome SchichtenEs
handelt sich dabei um Schichten, die bei Temperaturwechsel, den
Strahlungsdurchgang durch reversible physikalische Veränderungen automatisch
steuern können.
Diese Technologie steht noch in der
Entwicklung, es gibt bereits erste Prototypen, ein marktreifes Produkt ist
vielleicht in Jahren zu erwarten.
Ein selbstregelnder
Überhitzungsschutz für Fenster und Fassaden, der bei niedrigen
Außentemperaturen Sonnenlicht und damit Wärme durchläßt, bei höheren
Temperaturen aber reflektiert, wird derzeit am Fraunhofer-lSE entwickelt.
Dabei werden thermotrope Schichten
in Form eines dünnen Films zwischen Folien oder Gläsern aufgebracht. Sie
sollen vor allem im Sommer ohne Installation aufwendiger Abschattungssysteme
vor Überhitzung schützen.Thermotrope Schichten wirken über den ganzen
Spektralbereich und gehen bei steigender Temperatur vom klaren und
lichtdurchlässigen zum opaken und lichtstreuenden Zustand über. Das
Grundmaterial besteht aus zwei Komponenten mit unterschiedlichem
Brechungsindex, zum Beispiel aus
Wasser und einem Kunststoff (Hydrogel)
oder aus zwei verschiedenen
Kunststoffen (Polymerblend).
Bei niedrigen Temperaturen ist die Mischung
homogen und transparent, weist eine hohe Transmission auf.
Bei
höheren Temperaturen (dieser Bereich ist in bestimmten Grenzen einstellbar)
ändern die Polymere ihre Konfiguration- von gestreckten Ketten hin zu
zusammengeklumpten Kügelchen, es tritt somit eine Entmischung auf, die eine
Lichstreuung verursachen, ein Großteil des Lichts wird diffus reflektiert,
die Schicht trübt sich weiß ein und damit wird auch die Durchsicht
verhindert. Die Veränderung vom transmittierenden zum streuenden Zustand ist
reversibel. Typische
Werte im sichtbaren Bereich bewegen sich zwischen 0,80 - 0,90 und 0,10 -
0,50 und die Gesamttransmission zwischen 0,80 - 0,90 und 0,05 -0,40.
Thermotrope Schichten eignen sich für Fassaden und Überkopfverglasungen bei
denen die fehlende Durchsicht im "geschalteten" Zustand nicht von Nachteil
ist. Beim Erwärmen verändern
thermochrome Schichten die Strahlungstransmission hauptsächlich im nahen
IR-Bereich ,
so daß sie im metallischen Zustand (das ist
bei höherer Temperatur) als niedrig emmisive Schichten eingesetzt werden
können, um die langwellige Sonnenstrahlung oder die Wärmeverluste durch
Emmisivität zu dämmen. Dafür
eignen sich sogenannte Übergangsoxide, zum Beispiel Vanadiumoxid (VO2).
Unterhalb einer bestimmten Temperatur ist das Material halbleitend oder
dielektrisch mit geringer Absorption im IR-Bereich (d.h. bei niedrigen
Temperaturen dringt die wärmebringende Strahlung (IR) durch, darüber (bei
höheren Temperaturen) tritt das metallische , IR-reflektierende Verhalten
ein.
Verschiedene Forschungen laufen in diese
Richtung, Experimente mit dünnen Vanadiumoxidschichten sind bereits
durchgeführt worden.
Elektrooptische Schichten: Schichten mit Flüssigkeitskristallen und
elektrochromen Materialien Die
Regelung von Strahlungsflüssen in Fenstern und Glasfassaden ist ein
zentrales Problem bei der Nutzung von Sonnenenergie in Gebäuden. Der
Energie- und Lichtbedarf korreliert häufig nicht mit dem solaren Angebot.
Das hat entweder an sonnigen Tagen Überhitzung zur Folge oder- bei
Sonnenschutzgläsern eine zu geringe Ausnutzung solarer Zugewinne während der
Heizperiode. Mechanische Verschattungssysteme ermöglichen zwar eine variable
Solartransmission, sind aber wartungs- und kostenintensiv.
Im Hinblick auf eine
"intelligente Glasfassade" scheinen Entwicklungen von Schichten mit
Flüssigkeitskristallen oder mit elektrochromen Materialien die meisten
Aussichten auf Erfolg zu haben.
Sie ermöglichen eine aktive
Steuerung der Strahlungsdurchlässigkeit durch das Anlegen einer elektrischen
Spannung und können über eine zentrale Gebäudeleittechnik (GLT) oder über
integrierte Mikrochips die Glashülle an die veränderlichen Licht- und
Wetterverhältnisse anpasssen.
Schichten mit Flüssigkristallen:
Schichten mit Flüssigkristallen (liquid crystals, LC sind von Uhren und
Displays her bekannt.
Diese LC-Systeme arbeiten nach dem Prinzip
, daß sich die kettenförmigen Moleküle der Flüssigkristalle elektrisch
ausrichten lassen.
Im normalen, spannungslosen Zustand sind
die Moleküle zufällig gerichtet, so daß sie das einfallende Licht
zerstreuen.
Beim Anlegen einer Spannung richten sie
sich entlang der Linien des elektrischen Feldes aus. Das System wird
lichtdurchlässig und bleibt es, solange das Spannungsfeld aufrechterhalten
wird.
Daß sie ohne Stromzufuhr undurchsichtig
sind, ist denn auch der große Nachteil von LC-Schichten.
Das
Einstellen von verschiedenen Stufen erfolgt durch aufwendige und daher teure
Steuerungssysteme, welche den Lichtdurchgang dimmen.
Für die Verwendung als Verglasung
bereiten insbesonders die großen Flächen und die Aufwärmung der Scheibe
Probleme, was Funktionsstörungen hervorrufen kann. Darum kommen Systeme mit
Flüssigkristallen zur Zeit vor allem im Innenbereich zur Anwendung.
In Kombination mit
Sonnenschutzgläsern besteht aber die Möglichkeit, sie
auch
im Fassadenbau zu verwenden. Künftig soll auch die Stabilität der Moleküle
bei UV-Strahlung verbessert werden.Guest-Host
SystemeEine weitere Möglichkeit
sind die sogenannten "Guest-Host"- Typen. Hier sind dichroitische
Farbmoleküle mit den Flüssigkristallen gemischt, um eine stärkere Absorption
zu bewirken.
Vorteil der "Guest-Host"- Systeme ist eine
Funktionstüchtigkeit bis 100° C.
Sie wurden für
Brillengläser und für Autorückspiegel entwickelt.
Prototypen von Rückspiegeln haben
eine Reflexion von 0,12 und 0,48 im sichtbaren Bereich erreicht.
Mikroverkapselte Flüssigkristalle
Die aussichtsreichste Lösung stellt
die Mikroverkapselung (polymer dispersed liquid cristal, PDLC,
nematic curvilinear aligned phase, NCAP) dar. Dies ist auch das derzeit
einzige dieser in diesem Umfeld besprochenen Systeme, das bereits marktreif
ist.
Unter elektrischer Spannung werden die
Moleküle ausgerichtet, und die Folie wirkt fast transparent. Die
verbleibende leichte Eintrübung ist auf die restliche Reflexion der
Kügelchen zurückzuführen und bildet einen Nachteil der Mikroverkapselung.
Ohne elektrisches Feld wird das Licht gestreut, und das System erscheint
milchig-trüb bzw. opak.
Unbefriedigend ist auch die geringe
Beständigkeit gegenüber der UV-Strahlung.
Prototypen mit einer
Lichttransmission von 0,48 bis 0,76 sind schon hergestellt worden.
Im Handel sind Produkte wie
Priva-Lite, das eine Lichtdurchlässigkeit von 0,70 im opaken und 0,73 im
durchsichtigen Zustand aufweist. Die Folie sind ca. 0,3mm stark und maximal
1 x 2,80m groß.
Elektrochrome
Schichten nutzen die Eigenschaft einiger Materialien, Ionen aufzunehmen oder
abzugeben, und damit ihre Transmission im sichtbaren und unsichtbaren
Strahlungsbereich zu ändern.
Im Prinzip funktionieren die 5-schichtigen
Aufbauten wie ein Akkumulator: Ist die elektrochrome Substanz, mit der am
häufigsten experimentiert wird, weil sie im sichtbaren Bereich die größte
Intensitätsvariation zwischen Transparent und Dunkelblau aufweist.
Es können aber auch bronzefarbene (NiO)
oder schwarze (IrO2) Tönungen, oder sogar Farbwechsel- wie Rot zu Blau (CoOx)
und Gelb zu Grün (Rh2O3) - erzielt werden.
Die Schichten können mit der
Dünnschichttechnologie, durch Sputtern oder Aufdämpfen sowie mit chemischen
Verfahren hergestellt werden. Elektrochrome
Systeme, die über Abstufungen, zwischen einem transparenten und
absorbierenden Zustand eingestellt werden können, eignen sich als Sonnen-
und Blendschutz hervorragend, sowohl für Gebäudeverglasungen als auch für
die Scheiben von Flugzeugen, Straßen- und Bahnfahrzeugen.
Daran besteht ein großes Interesse.
Dies zeigt die hohe Anzahl an Patentgesuchen, die in den letzen Jahren in
Japan und den USA eingereicht wurden.
Zur Zeit wird die Entwicklung von
elektrochromen Gläsern für die Anwendung bei Automobilen und Flugzeugen
intensiv betrieben.
Die Beanspruchung durch hohe Temperaturen
von 90° C bis 120° C und die kleinen Dimensionen von Scheiben wirken sich in
diesem Bereich anders als bei einer Anwendung im Bauwesen wegen der
relativen Kurzlebigkeit der Objekte weniger nachteilig aus.
Auf dem Markt befinden sich bereits
aktiv steuerbare Autorückspiegel von Donelly und Gentex, aber auch
Prototypen von Glasschiebedächern für Autos (Nissanmotors, Donelly, Daimler
- Benz - Dornier).
Für die Verwendung im
Bauwesen sind Verbundgläser mit elektrochromen Schichten als Pototypen mit
maximal 0,5 m2 Fläche produziert worden. Probleme bereiten die hohen Kosten
für die transparenten Elektroden und deren relativ geringe Leitfähigkeit,
die die Schaltgeschwindigkeit der elektrochromen Elemente mit zunehmender
Fläche stark herabsetzt.
Als Idealwerte für solche Verglasungen
definiert Dr. Carl Lampert, Lawrence, Berkeley Laboratory, California eine
Steuerung der Transmission wie folgt: im nahen IR- Bereich zwischen 0,10 und
0,70; im sichtbaren Bereich zwischen 0,10 und 0,20 im farbigen,
abgedunkelten Zustand und 0,60 bis 0,80 im klaren, transparenten Zustand.
Dies bei einer Schaltgeschwindigkeit
von 1 bis 50 sec, bei einer Schaltspannung von 1-5 Volt und
einem "Gedächtnis" von 1-24 Stunden.P
Gasochrome Verglasungen
Elektrochrome Systeme
sind durch ihren komplizierten Aufbau teuer und problematisch in der
Homogenität ihres Schaltverhaltens und ihrer Temperaturabhängigkeit.
Eine Neuentwicklung des
Fraunhofer-lSE führte zu einer grundsätzlichen Neuorientierung: Die zur
Einfärbung der Wolframschicht benötigten Protonen werden durch einen
Katalysator direkt aus der Gasphase genommen.
Dafür
genügt bereits ein Wasserstoffanteil im Promillebereich. Zur Entfärbung
wiederum reicht das Beaufschlagen mit sauerstoffhaltigem Gas, z.B. Luft.
Dieser Prozeß ist reversibel und benötigt im Gegensatz zu elektrochromen
Verglasungen keine Stromzufuhr.
Darüber hinaus ist der Schichtaufbau
drastisch reduziert. Es genügt eine Wolframoxydschicht, die mit einer dünnen
Katalysatorschicht belegt ist.
Diese Schichten können sowohl durch
Aufdampfen als auch durch reaktives Sputtern hergestellt werden. Neben der
ökonomischeren Herstellung und der Möglichkeit, über den Gasstrom die bei
der Lichtabsorption anfallende Wärme abzuführen, sind auch höhere
Lichttransmissionswerte im ungeschalteten Zustand ein deutlicher Vorteil
gegenüber elektrochromen Systemen.
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